1. Dezember-1. Adventsonntag

Um 10.00 Uhr am 1. Adventsonntag feierte Pater Paul mit der Mariahilfer Kirchengemeinde und in Konzelebration mit Pfarrer Mag. Christian Lechner von Berndorf bei Wien einen feierlichen Gottesdienst. In dieser Hl. Messe wurde das Hirtenwort zum 1. Adventsonntag von Bischof Dr. Stefan Oster SDB verlesen.

Pater Paul begrüßte um 10.00 Uhr die Kirchenbesucher zur Mitfeier des 1. Adventsonntags in der Wallfahrtskirche Mariahilf, womit auch ein neues Kirchenjahr beginne. Er stimmte die Gläubigen auf die erste Botschaft der Adventszeit ein, die uns wachrütteln wolle, immer wieder von neuem zu versuchen, als gute Christen auf Christus hin zu leben. Deshalb empfahl er den Gläubigen, zu Beginn dieses Gottesdienstes die persönlichen Erwartungen in Erinnerung zu rufen und sie vor Christus zu bringen. Denn Christus könne unsere Erwartungen erfüllen und würde diese sogar übertreffen. Im Anschluss segnete Pater Paul die mitgebrachten Adventskränze.

Der Mariahilfer Chor half mit adventlichen Liedern mit, dass dieser Gottesdienst sehr feierlich geriet. Anstatt der Predigt wurde das Hirtenwort von Bischof Dr. Stefan Oster zum 1. Adventsonntag verlesen. Der Kommunionausteilung folgte eine Meditation, und vor dem Segen ging Pater Paul nochmals auf die Aufforderung des Bischofs in dem verlesenen Hirtenwort ein und appellierte an alle, den Aufruf zur Änderung im alltäglichen Leben ernst zu nehmen und zu Hause wirklich – wenn möglich jeden Tag – in der Bibel zu lesen. Neben der üblichen Adventsverzierung in den Wohnungen sollte auch der Heiligen Schrift ein würdiger Platz zugeteilt werden.

Pater Paul lud alle ein, den Mariahilfer Adventsbasar zugunsten der Wallfahrtskirche zu besuchen, der das letzte Mal in diesem Jahr geöffnet sei.

 

Hirtenwort zum 1. Adventsonntag 2019

Die Bibel – wie der Brief eines guten Freundes

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

in diesen Tagen erscheint im Buchhandel ein Werk, das ich als sehr schönes Geschenk für die Gläubigen unseres Bistums empfinde: Wir bringen die Passauer Sonntagsbibel heraus. Es ist ein wunderbar gestaltetes, großes Buch, das sich dazu eignet, es ständig auch offen an einem schönen Ort zu Hause zu platzieren. Das Buch enthält zum einen die Texte von Evangelien und Lesungen aller Sonn- und Festtage. Zum zweiten sind darin sehr viele Bilder von Kunstwerken aus unserem ganzen Bistum zu finden – Kunstwerke, die die Bibeltexte veranschaulichen. Und schließlich werden die Schriftstellen auch noch jeweils kurz kommentiert mit sehr aufschlussreichen Erklärungen von Papst Benedikt XVI. Es ist ein Werk, mit dessen Hilfe – so hoffe ich – in uns allen einmal mehr das Interesse geweckt wird, sich mit Gottes Wort zu beschäftigen.

Denn tatsächlich gibt es doch in vielen von uns auch Fragen und Zweifel, was die Bibel angeht. Viele fragen sich, ob das alles tatsächlich so war, wie erzählt wird. Oder was denn so alte Texte uns Menschen von heute überhaupt sagen können. Wir bemerken manchmal Widersprüche oder Ungereimtheiten. Wir hören verschiedene Auslegungen zum selben Text und ähnliches mehr. Und all das und mehr lässt uns doch oftmals zweifeln an der Relevanz der Bibel und daran, ob der Text wirklich heilig ist, wirklich heilige Schrift ist? Oder ob die Bibel tatsächlich das Wort Gottes enthält oder nicht vielleicht doch nur ein menschliches Produkt ist. Ich kenne jedenfalls viele Menschen, ob jünger oder älter, die genau solche Fragen und Zweifel haben.

 

Und dennoch, liebe Schwestern und Brüder, ist die Bibel für viele Menschen ein täglicher Begleiter, so auch für mich. Sie ist mir so etwas wie die tägliche Nahrung für mein inneres Leben geworden, für mein Gebet, für meine Zwiesprache mit Gott, für mein Hineinwachsen in die Beziehung mit Jesus. Und auch ich lese die Bibel natürlich zuerst einmal wörtlich, ich versuche wörtlich zu verstehen, was da gesagt und erzählt wird. Ich glaube zwar, dass die Bibel Gotteswort ist, aber eben auch ausgedrückt im Menschenwort. Menschen ihrer Zeit und mit ihrer Erfahrung und ihrem Horizont haben die Begegnung mit Gott so erlebt und dann aufgeschrieben. Und vieles ist dann vor allem aus dieser Zeit heraus zu verstehen – und hat damit auch seine Grenzen für uns Heutige. Und trotzdem offenbart der Text oft mitten in solchen menschlichen Grenzen auch immer wieder zeitlose Gültigkeit – und zwar über das nur wörtliche Verständnis hinaus.

Denn zeitlos gültig wird vieles in der Bibel dann, wenn ich versuche, den Text zu verstehen mit der Frage: Was sagt er mir denn über die Beziehung Gottes zu uns Menschen, über den Weg, den Gott mit den Menschen durch die Zeit geht? Ich glaube, das ist eigentlich die ganz zentrale Frage. Wie zeigt sich Gott, wie geht er mit uns um, wie will er mit uns in Beziehung treten? Die beiden Bücher der Bibel, das Alte Testament und das Neue Testament, handeln ja durchgehend vom Bund Gottes mit den Menschen. Man kann auch sagen: Alter Bund und neuer Bund. Und der Bund meint im Grunde immer: Gott will persönlich einen Bund, ein Bündnis mit uns eingehen. Und er will sogar, dass das ein Liebesbündnis ist, ein Freundschaftsbündnis – er will immer neu Versöhnung. Er sucht die Versöhnung mit seinem geliebten Volk und damit mit jedem einzelnen von uns. Ganz besonders deutlich wird das in Jesus, in dem uns Gott so nahegekommen ist. Er ist für uns Mensch geworden und für uns gestorben, um uns all unsere Gottesferne zu vergeben. Weil er will, dass wir wieder im Bund mit Gott leben können, in der Freundschaft mit ihm. Im Grunde erzählt die ganze Bibel direkt oder indirekt, immer neu von Gottes Liebe und seiner Sehnsucht nach der Freundschaft mit uns und nach unserer Umkehr zu Ihm.

Und immer wieder, wenn ich dann mit einem wachen, offenen Herzen lese und mir eine biblische Erzählung nahegehen lasse, dann wird der Text wie eine Art Brief an mich, auf den ich mich einlasse. Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen: Stellen Sie sich vor, Sie hätten vor Jahren von einem guten Freund einen Abschiedsbrief bekommen, bevor er an schwerer Krankheit gestorben ist. In dem Brief schildert er Ihnen, wie wichtig Sie ihm waren, wie wertvoll diese Beziehung zu Ihnen war. Und er schreibt auch noch, was er Ihnen noch sagen und hinterlassen wollte, einen Rat oder eine wichtige Aufgabe. Wäre es nicht so, dass Sie diesen Brief immer wieder lesen würden? Und dass dann der Freund vor Ihrem geistigen Auge auftauchen und zu Ihnen sprechen würde? Würde der Brief dadurch nicht viel mehr sein als nur als ein paar Buchstaben auf einem Blatt Papier. Würde der Text nicht wirklich zu sprechen anfangen und lebendig werden?

Liebe Schwestern und Brüder, in diesem Sinn will Gottes Geist auch uns helfen, die Bibel für uns lebendig werden zu lassen. Und ich wünsche uns allen, dass der Heilige Text auch für uns immer wieder neu zum Brief Gottes an uns werden darf. Und dass er uns so zur Nahrung für unser inneres Leben, zur Vertiefung unserer Gottesbeziehung werden kann. Die Schrift nicht kennen, heißt: Christus nicht kennen – so hat der Kirchenvater Hieronymus gesagt. Und wie sollten wir Freunde Christi werden, wenn wir ihn gar nicht kennen.

Deshalb möchte ich Sie vor allem für diese Adventszeit einladen, täglich in der Bibel zu lesen, mit einem wachen Herzen, das damit rechnet, von Gott wirklich berührt und angesprochen zu werden. Auf dass sich die weihnachtliche Menschwerdung Gottes auch in uns selbst ereignen kann. Gott segne Sie und Ihre Lieben auf Ihrem Weg durch den Advent.

Passau, 1. Adventssonntag 2019

Dr. Stefan Oster SDB

Bischof von Passau