Gelöbniswallfahrt
Die traditionelle Gelöbniswallfahrt der Stadt Passau nach Mariahilf am Sonntag, 12. September, dem Gedenktag „Mariä Namen“, fand auch heuer wieder um 20.00 Uhr ab der Votivkirche statt.
Um 20.00 Uhr formierten sich Gläubige aus der Stadt, dem Landkreis und dem benachbarten Österreich in der Fußgängerzone bei der Votivkirche zur Gelöbniswallfahrt. Domprobst Dr. Michael Bär leitete die Prozession, unterstützt von den Vorbetern. Viele Geistliche und auch der Bischof mischten sich unter die Wallfahrer. Nach der Marienbrücke reihten sich noch viele Innstädter mit ihrem Stadtpfarrer Pater Mirko und ihrem Kaplan P. David Kolodziejczyk ein. Auch die Mariahilfer Wallfahrtsseelsorger Pater Beniamin Bakowski und Pater Thomas Wieczorek kamen mit Ministranten und der Mariahilffahne den Wallfahrern entgegen und geleiteten sie den Berg hinauf zur Wallfahrtskirche.
Unter dem Klang des Mariahilfer Bläserchores zogen die Wallfahrer in den Wallfahrtshof ein. „Mutter Gottes, wir rufen zu dir!“, so eröffnete der Mariahilfer Chor mit den Grüssauer Marienrufen die Andacht im Wallfahrtshof. Der Pfarrkirchner Stadtpfarrer, Dekan und Domkapitular Dr. Wolfgang Schneider, begrüßte die Wallfahrer zur Andacht. Er hielt auch die Festpredigt.
Zum Schluss der Andacht, nach der Verehrung des Allerheiligsten, bedankte sich Dompropst Dr. Michael Bär bei allen Teilnehmern, bei den Paulinern, den Organisatoren, Vorbetern und bei den Bläsern und dem Mariahilfer Chor für die Gestaltung der Gelöbniswallfahrt.
Festpredigt von Domkapitular und Dekan Dr. Wolfgang Schneider, Stadtpfarrer von Pfarrkirchen
„Jetzt reißt mir aber der Geduldsfaden!“ Das sagen manche von uns, wenn’s zu lange dauert, bis etwas klappt, bis ein anderer was kapiert. Heute mag man das anders sagen, z.B.: „Alter, das nervt!“ Aber die Sachlage ist gleich: Etwas dauert viel zu lange und strapaziert deshalb die Nerven.
Man hat keine Lust mehr, anderen Zeit, Raum, Gehör, Mitsprache einzuräumen und will deshalb durchgreifen, endlich einen Erfolg sehen, seinen Willen durchsetzen.
Wenn der Geduldsfaden reißt, dann ist das vielleicht nur ein dünner Faden, aber wenn er mit hoher Geschwindigkeit reißt und durch den Raum und durch die Beziehungen fliegt, dann kann er ganz schön weh tun und Wunden schlagen.
Ein besonders verwickeltes Knäuel aus vielen Fäden, Seilen ist der gordische Knoten aus der griechischen Sage. Der steht für total verwickeltes Problem, das keiner mehr lösen kann. Alexander der Große soll den gordischen Knoten mit dem Schwert durchschlagen haben.
Weil Alexander den gordischen Knoten gewaltsam durchtrennt hat, ist das zu einem Bild für gewaltsame Konflikt- oder Problemlösung geworden. Ohne Geduld, ohne Rücksicht auf Verluste wird ein Ende gemacht.
Leider werden so viele Konflikte und Probleme gelöst, wobei: „gelöst“ klingt harmlos. Doch dabei geht ja etwas kaputt. Es geht dabei nicht ohne Verletzungen ab.
Beispiele gibt es genug: In der Kirche stehen Konservative gegen Progressive, in der Politik Wirtschaftsorientierte gegen Klimaschützer, in der Gesellschaft Gendersternchenliebhaber gegen -gegner usw.
Oft fehlt es grundsätzlich an der Bereitschaft, Geduld füreinander aufzubringen; geht’s nur darum, sich und seinen Kopf durchzusetzen, Recht zu behalten; hat man keine Lust, anderen zuzuhören, andere verstehen zu wollen.
Das heutige Evangelium hätte ganz anders ausgehen können: Statt Lobpreis Kampf. Denn da treffen zwei Mütter aufeinander. Wie leicht hätte das in einer Rivalität der Mütter enden können: Meiner ist bedeutender, nein meiner. Meiner ist mutiger, nein meiner. Meiner ist klüger, nein meiner.
Ganz sicher hätte sich die Rivalität auf die beiden Kinder übertragen. Johannes wäre nicht der große Wegbereiter für Jesus, sondern sein erbitterter Rivale um Aufmerksamkeit geworden. Jesus wäre nicht dankbar für Leben und Lehre des Johannes, sondern hätte ihn verächtlich abgetan.
Natürlich wirkt das unvorstellbar, aber menschlich möglich wäre es. Dann hätte sich wieder einmal ein Knoten zusammengezogen, den keiner lösen kann, der die Luft abschnürt, der vom Leben abschneidet.
Zum Glück ist es ganz anders gekommen: Maria ist erfüllt von Jesus Christus, Elisabeth erfüllt vom Heilige Geist. Darum haben sie einander alle Achtung erwiesen.
Elisabeth hat so dem Wegbereiter Raum gegeben, Maria hat Jesus einen liebevollen, großherzigen Raum bereitet, um zur Welt zu kommen.
Diese Fähigkeit insbesondere Marias, nicht neue Knoten zu knüpfen, sondern Knoten zu lösen, hat es unserem jetzigen Papst besonders angetan. Er schätzt und ehrt eine Darstellung Marias besonders, die in Augsburg zu sehen ist: Maria Knotenlöserin heißt sie.
Sie zeigt Maria noch ohne Jesus, denn gerade eben ist ihr vom Engel kundgetan worden, dass sie die Mutter des Immanuel sein wird, kurz danach macht sie sich als Schwangere auf den Weg zu Elisabeth, aber jetzt schon ist sie ganz erfüllt vom Heiligen Geist, ganz ausgefüllt von Jesus.
Da hält ihr der Engel ein total verknotetes Band hin. Maria ist ganz konzentriert in ihre Arbeit vertieft. Mit Gespür, mit geistiger Feinmotorik löst sie geduldig einen Knoten nach den anderen.
Sie haut den Knoten nicht durch, sie wirft das Band mit den Knoten nicht angewidert weg, sie löst geduldig einen Knoten nach dem anderen.
Knoten, Verknotungen im Leben gibt’s viele. Da braucht’s geduldige Knotenlöser und Knotenlöserinnen!
Wer von uns könnte sagen, dass es in seinem Leben nichts gibt, was sich verknotet hat? Ein unversöhnter Streit, eine tiefe Kränkung, eine uneingestandene Untugend, die anderen das Leben hart macht.
Welcher Teil der Gesellschaft könnte behaupten, dass sich nichts verknotet hat? Der Hass, die Gewaltbereitschaft, die sich seit Beginn der Pandemie zeigt, verweisen auf viele Verknotungen.
Welcher Teil der Kirche könnte behaupten, dass er so weiten Geistes wie Maria und Elisabeth ist, großherzig den anderen achtet, gerade wenn er oder sie nicht die kirchenpolitischen Überzeugungen teilt.
Welcher Christ könnte von sich sagen, dass er wirklich in allem Gott und sein Evangelium im Sinn hat, bei allem, was er denkt, redet und tut?
So viele Knoten, manche schon so streng zugezogen, dass sie unlösbar erscheinen. Da liegt die Versuchung nahe zu sagen: Mir reißt der Geduldsfaden, ich habe genug, jetzt schlag ich ihn durch! Koste, was es wolle.
Dann kann man nur sagen: 0 Maria hilf! Schenk Geduld! Bitt um Gottes Heiligen Geist für uns, damit wir der Verlockung der vorschnellen, gar der gewaltvollen Lösung widerstehen; damit wir doch noch einmal und noch einmal versuchen, geduldig Knoten in der Beziehung, Knoten des Nichtverstehens, Knoten der Schuld und Sünde, Knoten der Verstrickung in Ehr-, Hab und Machtsucht – klein und groß – zu lösen versuchen – geduldig, gewaltlos, im Respekt vor den anderen.
Und wenn ein Knoten sich nicht mehr lösen lässt, weil wir menschlich an unsere Grenzen kommen: Dann gilt erst recht Maria hilf! Lass uns nach Deinem Vorbild mit Jesus unterwegs bleiben und alles Ungelöste, alle verhärteten Knoten durch Jesus Christus Gott anvertrauen.
Denn Jesus Christus hat schon für uns den steinharten Knoten der Lieblosigkeit und des Todes gelöst durch seine Liebe und Hingabe – über unser Begreifen hinaus – er hat ihn für immer gelöst! Mein Gott, welche Chance für uns alle! Oh Maria hilf!