Fatimatag

Mit Rosenkranz, Festgottesdienst und Andacht mit Lichterprozession wurde am Donnerstag, 13. Oktober in der Wallfahrtskirche Mariahilf der letzte Fatimatag des Jahres gefeiert. Als Festprediger und Hauptzelebrant fungierte Domprobst Dr. Michael Bär.

Schon um 18.25 Uhr trafen sich mehrere Gläubige in der Wallfahrtskirche, um mit Vorbeter Pater Beniamin den Rosenkranz zu beten. Zum feierlichen Einzug zum Festgottesdienst fanden sich neben dem Hauptzelebranten auch Pater Beniamin und Pater Thomas ein. „Hausherr“ Pater Beniamin begrüßte die Gläubigen und bedankte sich beim Domprobst für seine Bereitschaft, dem letzten Gottesdienst des Jahres vorzustehen.

Der Domprobst äußerte seine Freude darüber, diesen Fatimaabend in der Wallfahrtskirche vor dem Gnadenbild feiern zu können. Er erinnerte an die vielen Hochzeiten in Mariahilf, weil sich die Brautpaare unter die Hilfe der Gottesmutter stellen wollen.

Der Festmesse schloss sich die Andacht mit Lichterprozession an, und zum Schluss wurde den Gläubigen der Eucharistische Segen erteilt.

Mitglieder des Mariahilfer Kirchenchores sorgten für die musikalische Umrahmung der Hl. Messe und der Andacht. Bei der Andacht wurden sie von Mitgliedern der Bläsergruppe unterstützt.

Predigt zum Fatimaabend in Mariahilf, von Domprobst Dr. Michael Bär:

Liebe Brüder Pauliner, liebe Wallfahrerinnen und Wallfahrer, liebe Schwestern und Brüder,

voriges Jahr habe ich eine Cousine von mir besucht, sie ist Ordensschwester bei den Steyler Missionarinnen im schwäbischen Laupheim. Bei einem Ausflug zeigte sie uns die ehemalige Reichsabtei Ochsenhausen, ein riesiges früheres Barockkloster. Als wir wieder zurück nach Laupheim fuhren, sah ich einen Wegweiser nach Schwendi. „Schwendi, so hieß doch der Domdekan, der Mariahilf gegründet hat“, rief ich aus. „Stimmt, der stammt von dort“, erwiderte meine Cousine. Spontan bog ich ab nach Schwendi. Vom Schloss, dem Sitz derer von Schwendi, fanden wir nichts mehr, aber die Kirche barg einen Schatz für uns. Im Hochaltar war eine der Kopien, die Marquard von Schwendi vom Original des Lukas Cranach hat anfertigen lassen, eingebaut. Sogleich fühlte ich mich wie zuhause. Und eine Ahnentafel an der Kirchenwand zeigte Marquard von Schwendi im Kreis seiner Geschwister.

Der innigen Marienverehrung Schwendis verdanken wir die Wallfahrt Mariahilf, deren 400. Geburtstag wir heuer feiern dürfen. Schwendi, damals Domdekan und Pfarrer der Innstädter Pfarrei St. Ägidius, die auch die Brückenmut der Marienbrücke besaß, sah in Visionen, dass sich Lichtprozessionen auf dem sogenannten Schulerberg bewegten. Er baute eine kleine Holzkapelle und hängte eine Kopie seines geliebten Cranach-Marienbildes dort auf. Die Wallfahrt entwickelte sich so gut, dass er 1624 daranging, die heutige Wallfahrtskirche in Stein errichten zu lassen.

Die Masse der Gläubigen suchte in den schweren Zeiten des Dreißigjährigen Krieges Zuflucht bei der Gottesmutter und ihrem Kind. Die apokalyptischen Drangsale waren über das Land gekommen: Krieg, Hunger, Seuchen, Teuerung. Von der Fürsprache der liebevollen Gottesmutter erhofften sich die Wallfahrer Frieden: O Maria hilf! Zärtliche Mutterliebe spricht aus dem Cranachbild. Fern ist jede Gewalt; die absolute Harmlosigkeit mütterlicher Liebe zeigt sich uns.

Auch die Wallfahrt nach Fatima in Portugal entstand in kriegerischen Jahren. Im Großen Krieg wuchs die Sehnsucht nach Frieden, und Maria erschien den drei Kindern, um diese Hoffnung zu nähren.

Liebe Schwestern und Brüder, die Stadt Passau ist berühmt für ihre einzigartige Lage am Zusammenfluss von Donau, Inn und Ilz. Die Altstadt wird dadurch überragt von zwei markanten Bauwerken, der Veste Oberhaus im Norden und dem Kloster Mariahilf im Süden.

Oberhaus war eine Festung der Passauer Fürstbischöfe. Von dort aus beherrschten sie ihre Stadt. Wenn die Bürger sich beizeiten gegen ihre Herren wandten, ließen sie sogar von dort oben herab die Stadt beschießen. Das Oberhaus steht für die unfriedliche, kriegerische Seite von uns Menschen, von der Gesellschaft. Dort zählen die Macht und die Größe. Die Burg und ihre starken Mauern sollen diese Macht und Größe erhalten. Ein Wehrgang zieht sich vom Niederhaus zum Oberhaus. Unüberwindlich, uneinnehmbar präsentiert sich die Veste im Norden.

Ganz anders das Kloster im Süden. Nicht Krieger ziehen hier herauf, sondern Wallfahrer; nicht Soldaten verteidigen die Festung, sondern Mönche beten hier und kümmern sich um die Gläubigen. Es ist nicht ihr Interesse, die Tore zu schließen, sondern die Pforten, die Zugänge zu Jesus und Maria weit zu öffnen. Kein Wehrgang bedroht die Ankömmlinge, sondern eine einladende Wallfahrtsstiege. „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen.“  Das Marienkloster im Süden der Stadt ist eine Stätte des Friedens und der Ruhe seit 400 Jahren.

Die Veste Oberhaus ist längst ein Museum, hat als wehrhafte Burg und Festung längst ausgedient. Krieg und Gewalt müsste es eigentlich auch so ergehen. Doch im Jahr des Ukrainekrieges werden wir eines Schlechteren belehrt. Unschuldige Menschen, ihre Häuser und Wohnungen werden beschossen. O Maria, hilf! Wir dachten, die Festungen wären Geschichte. Dein Kloster, Dein Gnadenort, o Gottesmutter Maria, besteht hingegen bis zum heutigen Tag. Hier wird nicht geschossen, sondern gebetet; hier wird nicht marschiert, sondern in Lichterprozessionen Deine Verehrung zum Ausdruck gebracht. Hier zeigt es sich: Der Friede ist stärker als der Krieg. Die Liebe mächtiger als Hass und Gewalt. Das lässt uns hoffen – auch in den Drangsalen der gegenwärtigen Zeit. O Maria, hilf!